Heimatkundliche Berichte von Reinhard Schütte

Im folgenden werden hier heimatkundliche Berichte von Reinhard Schütte (zusammengestellt von Winfried Otte) aufgeführt.

Brauchtum:
 Das Lambertusspiel
Straßen:
 Bultenstraße
 Düstere Kammer
 Himmelstraße
 Sandstraße
Personen:
 Dr. E. Pistorius
Ortsgeschichte:
 Osterbauer-Schule wird 100 Jahre alt
 Der Katharinen-Stift
 Das Vereinshaus
 Antoniusfigur
Kirche:
 Das Plettenberg’sche Wappen in der St. Lambertus Kirche
 Die Figur des Heiligen Lambertus
 Bauernkrippe
Reinhard Schütte

Das Lambertusspiel

Das Lambertusbrauchtum in Ascheberg geht nicht auf den kirchlichen Lambertuskult zurück, denn es gibt unter den sogenannten Lambertusliedern keines, das die Verehrung des Heiligen zum Ausdruck bringt. Nirgends ist die Rede von seinen großen Taten oder persönlichen Tugenden. Anders als beim Martinsbrauchtum, bei dem die Legende von der Mantelteilung im Mittelpunkt steht, gibt es beim Lambertusbrauchtum kein vergleichbares Ereignis aus dem Leben des Heiligen.
Lambertusspiel
Es ist vielmehr anzunehmen, dass der rund zwei Wochen später anstehende Michaelistag, ein Termin, der unter dem Kürzel „zu Michaeli“ in unzähligen, besonders arbeitsrechtlichen Regelungen eine große Rolle spielte, auf den Lambertustag „abgefärbt“ hat. Das heißt, dass man in den Kirchengemeinden mit Lambertuspatronat schon am Lambertustag das feierte, was eigentlich zu Michaeli fällig war: nämlich den Wechsel des Gesindes zu einem anderen Arbeitgeber, den Beginn der kürzeren Arbeitszeit, der ruhigeren Jahreszeit und der winterlichen Beleuchtung, die die sich immer mehr zurückziehende Sonne vertreten musste, was in alten Zeiten wohl auch mit magischen Vorstellungen verbunden war.

Wer seine Arbeitsstelle verließ, um künftig anderswo zu arbeiten, nahm sich seinen bisherigen Arbeitgeber und seine „Berufskollegen“ vor und kritisierte ihre großen und kleinen Schwächen in spöttischen Liedern wie „Da schickt der Herr den Jockel aus“, „Dumme Liese, hole Wasser“ oder „O Buer, wat kost dien Hei?“. Alle wussten, was hier gemeint war, und hatten ihren Spaß daran.

Dagegen zeigt das Lied „Guter Freund, ich frage dir . . .“ (in den ursprünglich plattdeutschen Texten gibt es keinen Unterschied zwischen „dir“ und „dich“, daher der Fehler), dass alle, besonders die Schulkinder, Bibel und Katechismus kennen und ohne langes Nachdenken die Zahl sechs den Weinkrügen zu Kana in Galiläa und die neun den neun Chören der Engel zuordnen können. Eltern, Lehrer und Pfarrer haben es sicher gern zur Kenntnis genommen.

In der Ballade vom Edelmann und Schäfer geht es um adelige Gutsherren und ihre abhängigen Landleute, eine in naive Verse gekleidete Sozialkritik. Leider traf der Spott auch behinderte Menschen, die durch ihre Auffälligkeiten von der gesellschaftlichen Norm abwichen. Deshalb singt man das Lied vom hinkenden Mädchen Tria Humpelbein heute nicht mehr.

Auch das Lied „Es waren mal drei Juden“ kann nicht mehr gesungen werden, obwohl es ursprünglich nicht antisemitisch gemeint war, sondern nur am Nimbus der biblischen Respektspersonen, der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob, kratzen wollte. Überall suchte und fand man menschliche Schwächen bei den im ernsten Alltag immer so untadeligen Vorgesetzten und Helden der Vergangenheit. Unsere heutigen Karikaturisten und Kabarettisten machen es ja ebenso. Psychologische Feinheiten waren nicht gefragt. Es ging nur um Schwarzweißbilder: faul und fleißig – klug und dumm – fromm und sündig – ehrlich und heuchlerisch.

Die heute so bunten und freundlichen Laternen in den Händen der Kinder waren früher ausgehöhlte Kürbisse und Runkeln, aus denen das Licht durch Löcher in den Formen von Augen, Nasen und Mündern leuchtete. Gelangen den eifrigen Schnitzern lächelnde Gesichter, dann sah man gute Geister, sonst grinste aus mancher Laterne der Leibhaftige. Auch hier Hell und Dunkel, wie überall im Leben.

Fragt man nach der Herkunft des Lambertusfestes, ist eine eindeutige Antwort nicht möglich. Vieles hat sich hier vermischt: ein bisschen Handwerker- und Bauernfest, ein bisschen Patronatsfest, ein bisschen Tanzfest und vielleicht auch ein bisschen altgermanisches Lichterfest.

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Osterbauer-Schule wird 100 Jahre alt

Ein Ortsfremder wird größte Mühe haben, das Gebäude der ehemaligen einklassigen Volksschule in der Ascheberger Osterbauerschaft zu finden, selbst wenn er weiß, dass es unmittelbar an der Hauptstraße steht. Nachdem die Schule 1967 geschlossen worden war, verkaufte die Gemeinde das Haus. Der neue Besitzer nahm einige bauliche Veränderungen vor. Er verkleinerte die großen, für eine Schule typischen Fenster des Klassenraumes, ließ aber die breite, dreiteilige Tür an der Straßenseite, die ebenso typisch für eine Schule ist, bestehen, so dass der aufmerksame Sucher das Schulhaus an dieser Tür erkennen könnte. Es ist das westliche Nachbarhaus des "Gasthofs zur Mühle" an der B58.
Osterbauer-Schule
Mehr als ein Vierteljahrhundert ist seit der Schließung der einklassigen Schulen in Nordrhein-Westfalen vergangen, und man kann sich heute kaum noch vorstellen, wie Mädchen und Jungen aller Schuljahrgänge gemeinsam in einem Raum gleichzeitig von einem Lehrer unterrichtet werden konnten. Aber diese Schulen waren so sehr im Bewußtsein der Bevölkerung verankert, dass man noch 1960 in vielen Orten neue Gebäude für sie baute. Auch für die Osterbauerschule gab es Neubaupläne. Nicht nur als Idee, sondern 1963 ausführlich von den Architekten Kösters und Balke in Münster entworfen und gezeichnet.

Vor genau 100 Jahren, am 01. März 1894, wurde die Schule eröffnet. Es ist anzunehmen, dass der Pfarrer das Haus eingesegnet und Bürgermeister oder Amtmann eine Ansprache gehalten und der neuen Schulgemeinde, den Kindern und dem Lehrer Glück und den Segen Gottes gewünscht haben. So ganz sicher ist das jedoch nicht, denn weder Pfarrer noch Gemeindeverwaltung wünschten diese Schule. Ja, sie hatten mit allen Mitteln gegen ihre Einrichtung gekämpft. Sie wollten nicht eine Bauerschaftsschule, sondern eine zusätzliche Klasse in der Dorfschule einrichten. "Es ist uns sehr viel daran gelegen, dass namentlich in jetziger Zeit, wo über die Verwilderung der Jugend so vielfache Klagen laut werden die Schule in der Nähe der Kirche und nicht neben einem Wirtshause steht." Auch die Windmühle gegenüber gefährde die Kinder durch ihren Betrieb. Im übrigen seien die langen Fußwege zur Dorfschule gesund, und die Kinder könnten dort auch mehr lernen.

Aber die Königliche Regierung in Münster hatte dem Antrag des "Bollermann und Genossen" vom 31. Dezember 1888, in der Osterbauerschaft eine Schule zu bauen, am 12. März 1889 stattgegeben und alle Gegenargumente der Gemeinde abgelehnt. Sogar das letzte Eisen im Feuer der Gemeinde, nämlich die Anrufung des Petitionsausschusses des Preußischen Herrenhauses durch den Abgeordneten Pellengahr, war erkaltet. Im "VI. Verzeichnis der bei dem Hause der Abgeordneten eingegangenen Petitionen, 17 Legislaturperiode III. Session 1890/91" lautet die 50. Eingabe bei der Kommission für Unterricht: "Gemeindeverordnete und Schulvorstand zu Ascheberg (überreicht vom Abgeordneten Pellengahr) beschweren sich über die Anordnung einer Schulbehörde, in der Osterbauerschaft eine Schule zu errichten, statt den Beschluß der Gemeindevertretung, der Schule in Ascheberg eine Klasse zuzufügen, zu bestätigen.

Aber auch da wollte die Kommission für das Unterrichtswesen der Gemeinde nicht beistehen. Nachdem Seine Exzellenz der Königliche Staatsminister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten, Dr. von Goßler, auf dem Dienstwege der Gemeinde Ascheberg mitgeteilt hatte, dass "ich.....die Gründung einer besonderen Schule in der Osterbauerschaft als notwendig ansehen muß", wurde die Schule gebaut.

Das Grundstück kaufte man vom Landwirt Ahlmann, und das Gebäude errichtete im Jahre 1893 der Maurermeister Wilhelm Mangels, der aus dem Hause Mangels auf der Sandstraße stammte und sich bei Pelster-Lohoff (heute Goßheger) im Jackenort eingeheiratet hatte. Er starb noch während der Bauarbeiten, seine Witwe heiratete Heinrich Bergmann aus der Lütkebauerschaft (Bettmann/Rohlmann).

Man baute ein Klassenzimmer mit einem kleinen Vorraum und daneben eine Dienstwohnung für den Lehrer. Dahinter setzte man ein Abortgebäude mit einer Waschküche und einen Stall für ein Schwein und eine Kuh, damit der Lehrer - wie das früher auf dem Land üblich war - etwas Landwirtschaft betreiben konnte. Dazu standen ihm drei Morgen Land zur Verfügung. Natürlich war auch ein großer Garten dabei. An der Westseite der Lehrerwohnung stand die Pumpe für den Lehrer und seine Familie, aber auch für den Schulbetrieb. Beheizt wurde der Klassenraum durch einen etwa zwei Meter hohen runden Eisenofen.

Der erste "alleinstehende Lehrer" der Schule war August Eiling, geboren 1873 in Nordwalde. Er wurde Eiling-Buchtmann genannt, bis er im Mai 1903 seinen Namen gerichtlich in Eiling ändern ließ. 1899 heiratete er die Tochter Bernhardine des Bäckermeister Reher von der Sandstraße. Der junge Lehrer ging auch mit den Bauern aus der Osterbauerschaft auf die Jagd und saß mit ihnen abends im Gasthaus zur Mühle. Aus purem Jux versteckte er eines Tages das erlegte Wild in der Schule. Man kam ihm auf die Schliche und rächte sich, indem man ihm in der nächsten Nacht ein großes Schild mit der Aufschrift "Wild- und Geflügelhandlung August Buchtmann" über die Schultür hängte. 1906 verließ August Eiling die Osterbauerschaft und wurde Lehrer, später Rektor, in Bottrop. Dort starb er 1937. Er liegt auf dem Ascheberger Friedhof begraben.
Osterbauer-Schule
Sein Nachfolger wurde Theodor Neukämper, geboren 1885 in Westenfeld bei Wattenscheid. Schon 1908 stellte die Regierung in Münster fest, dass die Osterbauerschule überfüllt sei. Sie war 1894 mit 70 Kindern eröffnet worden, aber in den Jahren bis 1908 war die Schülerzahl auf 87 angestiegen. Das sei zu viel, befand die Regierung, eine zweite Klasse müsse eingerichtet werden. Aber zunächst ließ der Landrat einige Kinder ins Dorf umschulen. 1909 bekam Davensberg eine zweite Klasse, aber die Osterbauerschule blieb einklassig. Von 1916 bis 1918 war Lehrer Neukämper Soldat. Die Lehrerin Maria Sicking und nach ihr der Lehrer Engelbert Stüve übernahmen die Vertretung.

110 Kinder hatte Lehrer Neukämper im Jahre 1918 zu unterrichten. Deshalb richtete man im Frühjahr 1919 eine zweite Klasse ein. Sie wurde in der ehemaligen Schneiderwerkstatt in dem Mühlengebäude der Gaststätte Fleckmann (Zur Mühle) eingerichtet. Elisabeth Theine aus Habighorst übernahm die Klasse, aber nur für zehn Monate. Dann kam Anna Kocks aus Ahaus für drei Monate, dann Mathilde Hundt aus Drolshagen. Sie blieb bis zum 30 April 1924, dann kündigte ihr die Regierung. Dieses Schicksal teilte sie mit vielen jungen Lehrerinnen und Lehrern, die fast alle in andere Berufe gingen. Am 01. Mai 1924 kam Anna Voshage aus Dortmund. Sie heiratete und schied aus dem Dienst aus. Die Lehrerin Johanna Lenfert aus Datteln blieb bis zum 01. April 1927. Dann wurde die zweite Klasse wieder aufgehoben und Fräulein Lenfert nach Nottuln versetzt. Die letzten zwei Jahre war das zweite Klassenzimmer nicht mehr in der ehemaligen Fleckmannschen Schreinerei, sondern in einem Zimmer des Gasthofes.

Im Juni 1920 plante die Gemeinde, das Schulgebäude um einen Raum zu erweitern. Aber daraus wurde nichts. Nachdem Johanna Lenfert die Schule verlassen hatte, erteilte Regina Baake, Ascheberg, den textilen Handarbeitsunterricht für die Mädchen. Sie ging den Weg vom Dorf zur Osterbauer-Schule zu Fuß und bekam dafür im Jahr 20 Mark Wegegeld.

Im Dezember 1918 überprüfte der Kreisarzt Medizinalrat Dr. Appelmann die Schulhygiene. Er empfahl, in den Abortanlagen den "Anstrich auf dem Pissoir zu erneuern, der zweckmäßig mit Teer vorgenommen wird". Diesen Rat befolgte die Gemeinde die nächsten 40 Jahre. Erst 1958 erhielt die Schule moderne Toiletten mit Fliesen an den Wänden.

Lehrer Theodor Neukämper wurde zum 01. Mai 1932 an die Dorfschule versetzt. Sein Nachfolger war Josef Fladung, 1898 in Fulda geboren. 1932 wurde auch die zweite Klasse wieder eingerichtet, die die Hilfslehrerin Bernhardine Mennemann aus Ascheberg führte, aber nur bis zum 01. Oktober 1932, dann wurde sie "abgebaut", das heißt die Lehrerin, nicht die Klasse! Die wurde am 01. Mai 1933 von Theodor Heineke aus Hasede bei Hildesheim übernommen, der bis zum Frühjahr 1936 in der Osterbauer blieb. Dann ging er nach Bork. Hilfslehrer Friedrich Flöter aus Drensteinfurt wurde sein Nachfolger in der zweiten Klasse. In den Sommerferien 1936 erlitt Flöter einen Unfall. Ein Auto fuhr ihn an und verletzte ihn so, dass ihm das rechte Bein bis zur Mitte der Wade amputiert werden musste.

Lehrer Fladung tauschte 1934 seine Stelle mit der des Lehrers Albert Müller in Marl. Müller stammte aus Schneidemühl, wo er 1889 geboren wurde. In Ascheberg gebärdete er sich, wenigstens in Worten, als strammer Nationalsozialist. Aber der NSDAP-Ortsgruppenleiter meinte, nur seine Sprache "triefe von Nationalsozialismus" für die Partei habe er nichts getan. Am 01. Oktober 1937 wurde er in den Ruhestand versetzt und zog nach Schneidemühl zurück.

Als Friedrich Flöter wegen seiner schweren Verletzung den Dienst in der Osterbauerschaft aufgeben musste, schloß die Gemeinde die zweite Klasse, und Lehrer Müller unterrichtete 69 Kinder in einer Klasse.

Lehrer Heinrich Ahle, 46 Jahre alt, übernahm am 01. Oktober 1937 die Schule. Er gehörte zu den ersten Männern, die 1939 in den Krieg ziehen mussten. Seine Vertretung übernahmen die Lehrer Rüter (Ascheberg), Poeplau (Drensteinfurt), Neukämper (Ascheberg), Bülte (Lüdinghausen und Schomberg (Ascheberg). Am 10. Januar 1942 konnte Heinrich Ahle wieder in die Osterbauer-Schule zurückkehren. Eine Verwundung in Rußland und eine Krankheit bewirkten seine Entlassung aus dem Kriegsdienst.

Als in der Nazizeit der Religionsunterricht aus dem Stundenplan gestrichen wurde, gab es ihn am Nachmittag für alle Kinder, die freiwillig teilnehmen wollten, und zwar auf dem Hof Ahlmann, wo eine Stube dafür reserviert war. Pastor Fechtrup oder Kaplan Westmattelmann kamen dazu aus dem Dorf. Für den Sakramentenunterricht gingen die Kinder zum Pfarrhaus ins Dorf.

Als nach dem Krieg die Schülerzahl wegen der Flüchtlings- und Vertriebenenkinder stark anstieg, wurde wieder eine zweite Klasse eingerichtet, die Maria Fietz aus Neustadt in Schlesien übernahm. Da aber kein zweiter Raum vorhanden war, musste nachmittags Unterricht erteilt werden. Zu Ostern 1954 sank die Schülerzahl auf 35, und die Schule war wieder einklassig. Maria Fietz wurde nach Vorhelm versetzt. Am 01. Dezember 1954 trat Lehrer Ahle in den Ruhestand. Sein Nachfolger war Wilhelm Pues, der am 01. April 1958 zuerst an die Sonderschule in Beckum und dann an die Schule in Drensteinfurt-Mersch versetzt wurde. Er war später Rektor der Drensteinfurter Grundschule und wohnte in der Wohnung der ehemaligen Schule in Mersch.

Solange nur ein männlicher Lehrer in der Schule tätig war, musste der Unterricht in textiler Handarbeit für die Mädchen von einer entsprechend vorgebildeten Frau erteilt werden, auch wenn sie keine Lehrerin war. Viele Jahre kam Johanna Danne dazu aus dem Dorf in die Osterbauerschaft, bis ab 1963 Lehrerinnen dort tätig waren. Frau Danne war übrigens die erste weibliche Abgeordnete im Ascheberger Gemeinderat. Sie gab ihr Mandat 1965 auf, als sie nach Köln zog.

Der letzte "Alleinstehende Lehrer" in der Schule Osterbauerschaft war Reinhard Schütte von 1958 bis Ostern 1963. Dann wurde er an die St.-Michael-Schule im Dorf versetzt. Dabei nahm er die Klassen fünf bis acht aus der Osterbauerschaft mit. Die restlichen Klassen eins bis vier wurden von Elisabeth Westhues-Schäper und ab 01. Oktober 1966 von Elisabeth Roters unterrichtet. Mit Beginn der Sommerferien 1967 wurde die Schule in der Osterbauerschaft geschlossen, und alle Kinder fahren seitdem mit dem Bus in die Dorfschule.

Die Neubaupläne blieben in der Schublade und wanderten schließlich ins Gemeindearchiv, wo sie heute noch sind. Sie sahen eine eingeschossige Schule mit zwei Klassenzimmern und den damals erforderlichen Nebenräumen vor. Eine Wohnung für den Lehrer war unter dem gleichen Dach mit angebaut. Die neue Schule lag südlich der alten und damit in größerem Abstand von der B 58, die zu der Zeit als Autobahnzubringer ausgebaut wurde.

Die Schule in der Osterbauerschaft ist 73 Jahre alt geworden. In all den Jahren waren sich die Eltern dort weitgehend einig: Die Gemeinde mag unsere Schule nicht und mochte sie vom ersten Tag an nicht. Wenn mal etwas repariert wurde, dann so, wie es einmal ein Gemeindearbeiter, wenn auch Augenzwinkern, ausdrückte: "För ne Burschopsschool is dat gued genog". Das heißt: Es darf nicht viel kosten.

Erst gegen Ende der 50ger Jahre begriff man im Ascheberger Rathaus, dass eine Schule in so schlechtem Zustand wie die in der Osterbauerschaft nicht nur die Schulkinder dort erheblich benachteiligte, sondern auch ein Schandfleck für die Gemeinde war. In den Jahren 1958/59 erhielt das Gebäude ein neues Dach, der Klassenraum Fenstervorhänge, eine Gasheizung, einen neuen Anstrich (dreifarbig wie in der Dorfschule) und nach mehr als 30 Jahren endlich zwei weitere Lampen, denn die vorhandenen zwei hatten noch nie ausgereicht. Auch der kleine Vorraum mit der Garderobe bekam eine Lampe. Die Gasheizung verlängerte man sogar bis in die Lehrerwohnung, und bis Ende 1965 wurden dort zwei Zimmer und der Küchenherd mit Gas beheizt.

Inzwischen ist das alles fast vergessen. Manches ist heute kaum noch zu begreifen. Aber alles ist ein Stück der Ascheberger Schulgeschichte, und deshalb soll zum 100. Geburtstag der Osterbauer-Schule daran erinnert werden.

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Der Katharinen-Stift

Seit Pfarrer Wennemar Uhrwerker nach dem Dreißigjährigen Krieg in Ascheberg ein geordnetes Schulwesen einführte, ist das Interesse an einer soliden Grundbildung in dieser kleinen Landgemeinde nicht erloschen. Pfarrer Degener ist noch zur Kinderzeit unserer Eltern Ortsschulinspektor und durch dieses Amt eng mit allen Fragen der schulischen Bildungsarbeit verbunden. Als die Technisierung gegen Ende des vorigen Jahrhunderts allmählich auch die ländlichen Haushalte ergreift und die Nähmaschine das Spinnrad an Bedeutung übertrifft, zeigt sich die Notwendigkeit einer gründlichen Schulung der Mädchen und Frauen in allen Bereichen der textilen Arbeit.
Katharinen-Stift
Der preußische Kultusminister hatte die wöchentlichen Handarbeitsstunden für die Mädchen in den Volksschulen von 4 auf 2 beschränkt, und der Pfarrer Degener findet, das sei nicht genug. Er lobt in einem Schreiben an das Generalvikariat in Münster den Eifer der Ascheberger Lehrerinnen in dieser Sache, bittet aber um die Genehmigung zur Eröffnung einer Handarbeits- und Haushaltsschule, die er gern den Schwestern von der Göttlichen Vorsehung in Münster, Friedrichsburg, übertragen möchte. Gleichzeitig könnten die Schwestern und die jungen Mädchen eine Kinderbewahrschule betreiben und jene Kinder versorgen, die wegen Überlastung ihrer Mütter mit Arbeit daheim nicht ausreichend gepflegt werden können. Es gab auch damals Mütter, die arbeiten gehen müssen, um die Existenz ihrer Familien zu sichern. Pfarrer Degener berichtet von Ascheberger Mädchen, die morgens zu Fuß zur Nähschule nach Herbern oder Nordkirchen gehen und abends wieder heimkehren, was ja nicht ohne Gefahr sei. Das Interesse der Eltern an dieser Mädchenbildung sei so groß, dass viele ihre Töchter für ein halbes oder ein ganzes Jahr in anderen Orten unterbrächten, um ihnen die Vorteile einer Näh- und Haushaltsschule zu vermitteln.

Gegen Weihnachten 1901 trägt Pfarrer Degener seinen Plan der bischöflichen Behörde vor. Im Januar 1902 kommt die Zustimmung, auch die Königliche Regierung in Münster erhebt keine Bedenken, die Vorsehungsschwestern sind bereit und schließlich wünscht das Generalvikariat noch "fröhliches Gedeihen".

Wo soll die Schule eingerichtet werden? Der Freiherr von Fürstenberg in Herdingen bei Neheim-Hüsten ist damals Besitzer des Armenhauses an der Sandstraße. Dieses sog. Ichterloher Armenhaus war bis ins 18. Jahrhundert hinein Eigentum der Herren von Ascheberg auf Ichterloh gewesen, von deren Erben später verkauft worden und schließlich mit dem gesamten Ichterloher Besitz an den Freiherrn von Fürstenberg gelangt. Der Herr von Fürstenberg ist bereit, der Pfarrgemeinde Ascheberg das Armenhaus zu schenken. Pfarrer Degener hält es allerdings für seine Pläne nicht geeignet. Man nimmt es aber an und veräußert es wieder an die Familie Franz Hegemann.

Die neue Handarbeits- und Haushaltsschule, die den Namen Katharinenstift erhält, wird an der Nordkirchener Straße gebaut. Die Schwestern von der Göttlichen Vorsehung studieren die Baupläne des Baumeisters Gottfried Merten und ihr gesunder Sinn für die Realitäten des Lebens konfrontiert sie sogleich mit dem Idealismus des Ascheberger Pfarrers. Im Auftrage ihrer Mutter Oberin weist Schwester Ansgaria sehr höflich darauf hin, dass das Haus unterkellert werden müsse. Wo soll man denn Kohlen, Kartoffeln, Wasch- und Bügelräume unterbringen? Der Pastor antwortet, gestützt auf ein Sachverständigengutachten, dass wegen des hohen Grundwasserstandes keine Keller gebaut werden könnten. So ist es geblieben bis auf den heutigen Tag.

Der Schenkungsvertrag zwischen dem Herrn von Fürstenberg und der Pfarrgemeinde sieht vor, dass die Pfarrgemeinde vier armen Frauen, die eigentlich ein Anrecht auf einen Armenplatz hätten, eine geeignete Unterkunft zu gewähren hätte. Man beschließt, die Armenpflege den Schwestern im Stift zu übertragen, wo sich die armen Frauen noch durchaus nützlich machen könnten.

Der Grundstein wird gelegt am Tage Dominica in albis, dem Weißen Sonntag 1903.

Die Urkunde für den Grundstein ist in lateinischer Sprache abgefaßt und wird an der südöstlichen Ecke eingemauert. Auf einem Zettel, der sich im Pfarrarchiv befindet, hat Pfarrer Degener den Text notiert:

Ad maiorem Sanctissimae Trinitatus gloriam - In honorem Stae. Catharinae V.M. - Aschebergensium magnae Patronae coelestis - Ad salutem totius Sti. Lamberti parochiae - Incolae Aschebergenses hanc domum exstruxere. Ad recipiendas feminas egentes - Ad conservandos instituendosque infantes - Ad instruendas artibus domesticis virtutibusque christianis puellas et virgines - Eique praefecerunt Sorores a Divina Providentia nuncupatas.

(Zur größeren Ehre der Allerheiligen Dreifaltigkeit, zu Ehren der heiligen Jungfrau und Blutzeugin Katharina, der großen himmlischen Patronin der Ascheberger, zum Heil dieser ganzen Lambertuspfarrei haben die Ascheberger dieses Haus erbaut, um arme Frauen zu pflegen, Kinder zu behüten und zu belehren und die jungen Mädchen zu unterweisen in der Kunst des Haushaltens und in den christlichen Tugenden, und sie haben die Leitung den Schwestern vom Orden der Göttlichen Vorsehung übertragen.)

Dann folgt die Aufzählung aller regierenden und leitenden Persönlichkeiten, die man in Gründungsurkunden üblicherweise nennt:

Leo XIII., ein Greis von dreiundneunzig Jahren, war damals Papst. Wilhelm II. war Deutscher Kaiser, Hermann Dingelstad Bischof von Münster, Josef Degener Pfarrer von Ascheberg. Wilhelm Schulte und Ferdinand Waßen waren Kapläne in Ascheberg und Bernhard Viehoff in Davensberg, das damals noch nicht selbständig war. Mitglieder des Kirchenvorstandes waren Wilhelm Heiling, Bernhard Neuhaus, Franz Wentrup, Friedrich Westhof, Wilhelm Bose, Hugo Hobbeling, Franz Pellengahr und Hubert Geismann. Gemeindevorsteher waren Friedrich Press und Wilhelm Greive.

Kaum sind dem neuen Katharinenstift seine ersten pädagogischen Gehversuche geglückt, da hat der unermüdliche Pastor Degener mit seinem Kirchenvorstand schon neue Pläne. Der Landkreis Lüdinghausen will eine landwirtschaftliche Schule für die jungen Bauern einrichten, eine Winterschule. Die Stadt Lüdinghausen bewirbt sich als Kreisstadt verständlicherweise sofort darum, Standort dieser Schule zu werden. Amtmann Press und Pfarrer Degener sind jedoch der Meinung, eine solche Schule gehöre nicht in die Stadt, sondern aufs Land, zwischen Äcker und Weiden. Wegen seiner günstigen Lage im nordöstlichen Kreisgebiet sei Ascheberg der beste Schulort. Außerdem könnten auch die Schüler aus Orten außerhalb des Kreises Lüdinghausen, etwa aus Amelsbüren, Hiltrup und Rinkerode leicht nach Ascheberg kommen.

Die Eingaben des Pfarrers Degener und des Amtmanns Press an den Kreisausschuss und die Königliche Regierung in Münster sind psychologisch geschickt formulierte Plädoyers für Ascheberg. Der Aufenthalt in der Stadt Lüdinghausen bringe doch für die sehr jungen Bauernsöhne einige Gefahren mit sich. Die Schüler höherer Schulen könnten die 14- bis 20jährigen Jungen vom Land verachten oder sonst ungünstig beeinflussen. Eine Landwirtschaftsschule benötige Versuchsäcker, die eine Stadt wohl kaum zur Verfügung stellen könne, wohl aber Ascheberg. Die politische Gemeinde unterstützte den Pfarrer, der zusammen mit dem Amtmann Press ein Internat für die Winterschüler im Stift anbietet. Im März 1907 entscheidet der Landeshauptmann in Münster, dass Ascheberg der Sitz der neuen Landwirtschaftlichen Winterschule wird. Auch der Generalvikar gibt seine Genehmigung, bittet aber, die Haushaltsschülerinnen ein wenig von den jungen Herren im Internat zu trennen. Pfarrer Degener teilt mit, die Schwestern im Stift würden schon das Notwendige veranlassen. Für die Wintermonate würde der Handarbeitsunterricht der Mädchen nicht im Stift, sondern in einem anderen geeigneten Lokal im Dorf gehalten.

Trägerin der Schule ist die Gemeinde Ascheberg. Sie ist bereit, wie Amtmann Press an die Landwirtschaftskammer schreibt, "Opfer für dieselbe zu bringen und die Schule auf den Gemeindeetat zu übernehmen, falls ihr von Seiten der Landwirtschaftskammer und des Kreistages Zuschüsse in angemessener Höhe zugesichert werden." Für die Überlassung der Schul- und Internatsräume im Stift zahlt die politische Gemeinde an die Kirchengemeinde eine Miete.

Die Winterschule wird am 5. November 1907 mit 39 Schülern eröffnet. Der Pensionspreis für das Internat beträgt etwa 200 Mark für das Winterhalbjahr vom 1.11. bis zum 1.4., das Schulgeld 30 Mark. Im Winter 1907/08 wohnen 15 Schüler im Internat, 21 im Elternhaus und 3 Auswärtige Schüler in Ascheberger Privathäusern.

Der Direktor der Winterschule, Landwirtschaftslehrer Wilhelm Tillmann und Pfarrer Degener leiten die Schule gemeinsam. Das Internat wird geleitet von dem geistlichen Rektor Kaplan August Konermann, der auch an der Rektoratschule unterrichtet. Kreistierarzt Tillmann aus Lüdinghausen erteilt den Unterricht im Fach Tierheilkunde und im Jahre 1908 tritt Pfarrer Wigger aus Capelle dem Kollegium als Zoologielehrer bei.

Die Schülerzahl, besonders die der Internatsschüler steigt, das Stift wird zu klein. Im Jahre 1911 beschließt das Schulkuratorium einen Neubau der Winterschule, die inzwischen in die Trägerschaft des Kreises Lüdinghausen übergegangen ist. Die Kirchengemeinde stellt das Grundstück nördlich des Katharinenstiftes zur Verfügung, und die Bauunternehmer Kalthoff und Klaverkamp aus Ascheberg errichten im Sommer 1911 nach den Plänen des Kreisbaumeisters Wethmar aus Lüdinghausen das neue Gebäude. Im Gegensatz zum Katharinenstift wird dieses Gebäude aber unterkellert. Die Keller liegen fast zur ebenen Erde. Das sei in Ascheberg nahezu überall so, hatte Pfarrer Degener schon 1902 den Vorsehungsschwestern mitgeteilt. Die Schulräume liegen im Erdgeschoss. Im Obergeschoss befinden sich die Schlafräume des Internats und die Wohnung des Rektors.

Im November 1911 beginnt der Schulbetrieb im neuen Haus. Schul- und Internatsleben sind streng geregelt. Alljährlich findet im März die große Abschlussprüfung statt, die öffentlich ist, und an der auch immer 50-60 Gäste teilnehmen. Es sind meistens die Eltern der Schüler, die ihre Jungen anschließend mit nach Hause nehmen. Nach dem ersten Semester werden die Eltern dringend gebeten, ihre Söhne auch zum 2. Semester im folgenden Herbst zur Winterschule anzumelden, da erst danach das Studium voll abgeschlossen werde. "Auf Wunsch werden braven strebsamen und zuverlässigen Schülern Volontär- bzw. Verwalterstellen besorgt."

Im Jahre 1912 läßt sich der Bischof von Münster, Felix von Hartmann, der spätere Kardinal und Erzbischof von Köln, über den Stand der Schule berichten und spricht der Schulleitung sein hohes Lob aus. Besonders freut sich der Bischof darüber, dass das Stift auch für Exerzitien zur Verfügung gestellt wird. Solche geistlichen Übungen und Einkehrtage werden im Stift noch viele Jahre hindurch abgehalten und geben den Nationalsozialisten später Anlass zu mißtrauischen Beobachtungen, wie uns Pfarrer Jodokus Fechtrup überliefert hat. Im Jahre 1921 geht die Landwirtschaftsschule Ascheberg in die Trägerschaft der Landwirtschaftskammer in Münster über. Das Internat bleibt in der bisherigen Weise bestehen.

Im Jahre 1959 wird die Landwirtschaftsschule nach Lüdinghausen verlegt.

Das St. Katharinenstift wurde im Jahre 1970 vom Sozialwerk St. Georg gekauft.

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Das Plettenberg’sche Wappen in der St. Lambertus Kirche

Hoch über dem Mittelgang der Pfarrkirche St. Lambertus befindet sich oberhalb des Chorbogens ein Relief aus Sandstein mit der Abbildung von zwei adeligen Wappen. Wegen des trüben Lichtes und der großen Entfernung sind Einzelheiten nur schwer zu erkennen. Unter einer fünfblättrigen Krone stehen zwei ovale Schilde mit den Wappen der Eheleute Ferdinand von Plettenberg und Bernhardine Felizitas von Westerholt zu Lembeck. Sie waren Besitzer und Bauherren des Schlosses in Nordkirchen und ließen in den Jahren 1737 bis 1740 das Chor der Ascheberger Kirche erbauen. Deshalb sind ihre Wappen da oben angebracht.
Plettenberg
Das Plettenberger Wappen (links) ist gespalten in eine goldene und eine blaue Hälfte. Da der Sandstein nicht farbig gefaßt ist, sind die fehlenden Farben durch Schraffuren ersetzt, das Gold durch Punkte, das Blau durch waagerechte Linien. Das Westerholt-Lembecksche Wappen der Ehefrau ist geviertelt. Die Flächen oben links und unten rechts sind in silberne und schwarze Felder aufgeteilt, die silbernen sind unschraffiert, die Schwarzen kariert. Die anderen Flächen zeigen auf rotem Grund (senkrecht gestreift) je ein silbernes Nesselblatt mit drei blauen Nägeln, die aber wegen ihrer geringen Größe nicht schraffiert sind.

Die zwei Schilde sind umrahmt von der Ordenskette des Goldenen Vlieses, die aus stilisierten Flammen und Feuerställen (Feuer- oder Schürfeisen?) zusammengesetzt ist. Darunter hängt, etwas dunkler gefärbt, das Goldene Vlies. Die beiden Wappenschilde sind nach barocker Art von Schmuckgebilden umgeben.

Der Orden vom Goldenen Vlies wurde 1430 von Philipp dem Guten, Herzog von Burgund, anläßlich seiner Vermählung mit Isabella von Portugal in der flandrischen Stadt Brügge gestiftet. Als Maria von Burgund 1482 den Kaiser Maximilian I. heiratete, kam Burgund und mit ihm der Orden vom Goldenen Vlies an das Haus Habsburg. Seit 1714 gilt diese Auszeichnung als die höchste der österreichischen und auch der spanischen Habsburger, und sie steht auf einer Stufe mit dem Hosenbandorden in England und dem Elefantenorden in Dänemark, den vornehmsten Auszeichnungen der Welt.

Das Goldene Vlies ist ein goldenes Schafsfell (Widderfell), das an einem breiten Ordensband so aufgehängt ist, dass Kopf und Vorderbeine des Schafes links und die Hinterbeine rechts von der Aufhängung zu sehen sind.

Herkunft und Bedeutung dieser Auszeichnung sind nicht restlos geklärt, denn das Goldene Vlies stammt aus der griechischen Sage von den Argonauten, einer Gruppe von seefahrenden Helden, die über das Schwarze Meer segelten, um das entführte Fell eines goldenen Widders zurückzuerobern. Das gelang ihnen auch, und das Goldene Vlies besitzt seitdem den Charakter einer Kostbarkeit, eines Symbols für den Stein der Weisen, für die geheime Wahrheit hinter den Dingen und nicht zuletzt für die Sehnsucht nach Größe und Herrlichkeit, weshalb es auch machtpolitischem Streben dienen musste. Was den Herzog Philipp von Burgund 1430 bewog, dieses eigentümliche Zeichen zu einer besonderen Auszeichnung zu machen, ist nicht bekannt. Es müssen sehr subjektive Vorstellungen von den Argonauten der griechischen Sage gewesen sein. Vielleicht hielt er sich für die ersten Ritter des Abendlandes.

1714 ließen die Habsburger den Orden vom Goldenen Vlies in Österreich wieder aufleben, und 1724 ernannte Kaiser Karl VI. den Freiherrn Ferdinand von Plettenberg, der Minister des münsterschen Fürstbischofs Klemens August von Bayern war, zum Reichsgrafen und verlieh ihm den Orden vom Goldenen Vlies. Graf Plettenberg regierte damals für seinen Landesherrn dessen fünf geistliche Fürstentümer Münster, Paderborn, Osnabrück, Köln und Hildesheim. Er war also ein mächtiger Mann und hoffte sogar, am Kaiserhof zu Wien in allerhöchste Staatsämter zu gelangen.

Die Eheleute von Plettenberg-Westerholt beabsichtigten, an der Ascheberger Kirche, deren Patronatsherren sie als Rechtsnachfolger der Familie Morrien waren, einen Chorraum anzubauen und in ihm ihre Grablege einzurichten.

Bevor es aber dazu kam, starb Graf Ferdinand am 18. März 1737 in Wien und wurde dort in der Minoritenkirche beigesetzt. Daraufhin verzichtete seine Witwe auf das Erbbegräbnis in Ascheberg. Sie ließ aber trotzdem das Chor von Johann Conrad Schlaun anbauen, der seit 1725 die Leitung der Schloßbaustelle in Nordkirchen innehatte. Er plante für die Ascheberger Kirche nichts nur den Chorraum, sondern darüber hinaus einen Turm mit einer geschweiften Haube als Ersatz für den allgemein als nicht schön empfundenen alten romanischen Wehrturm. Schlauns Kirchturm wurde nicht gebaut, wohl aber der Choranbau. In seinen Plan für das Chor zeichnete er das Plettenberg-Westerholtsche Wappen im Gewölbebogen mit ein. Er entwarf außerdem einen barocken Hochaltar, von dem aber außer dem Bild Gottvaters mit den Engelköpfen, das sich auch auf dem heutigen Hochaltar befindet, und einer Katharinenstatue im Pfarrhaus, nichts mehr erhalten ist, denn 1885 wurde er durch einen neugotischen Altar ersetzt. Es wurde damals alles radikal gotisiert. Das Plettenbergsche Wappen verbannte man in die Sakristei, wo es gelegentlich das Interesse der Meßdiener hervorrief.

Den Platz über dem Chorbogen ließ die Kirchengemeinde damals mit einem Gemälde ausfüllen, an das sich die Elteren noch gut erinnern: Christus mit Maria, Johannes dem Täufer und zwei Engeln. Jesus trug eine fünfblättrige Krone und Johannes ein Spruchband mit den Worten: Ecce Agnus Dei! (Seht das Lamm Gottes.) Diese Darstellung ist keineswegs selten, aber als Ersatz für das Plettenbergsche Wappen an diesem Ort doch bemerkenswert, denn es zeigen sich hier Parallelen, die kein Zufall sind. Die Krone des Patronatsherrn wird ersetzt durch die Krone Christi, des Hausherrn dieser Kirche, der statt schwer deutbarer Wappenbilder die Buchstaben A und O, bekannte Symbole der Ewigkeit, in seiner linken Hand hält. Auch das Glaubenszeugnis des Johannes "Seht das Lamm Gottes" ist hier als eine Anspielung auf das Schafsfell des Goldenen Vlieses zu verstehen, denn die Kirche mißbilligte immer ein wenig das "heidnische" Widderfell dieser von den katholischen Habsburgern verliehenen Auszeichnung und hätte es lieber als das biblische Schafsfell des Gideon (Buch der Richter 6,36-40) gedeutet, das Gott mit himmlischem Tau tränkte. Deshalb wurde in Ascheberg der Hinweis auf das Gotteslamm aus dem Mund des Täufers Johannes gewählt und damit zu verstehen gegeben, dass in dieser Kirche an kein anderes Lamm zu denken ist.

Man kann in dem Gemälde verschlüsselt die Ablehnung adliger Ansprüche an diesem Gotteshaus und nicht minder eine Absage an den Geist des 18. Jahrhunderts erkennen, der ein Adelswappen dort zuließ, wo nur das Bild Christi angemessen war.

1959 holte man das Plettenberg-Westerholt-Wappen wieder aus der Sakristei und gab ihm seinen alten Platz über dem Chorbogen zurück, nachdem das Gemälde mit einer Deckfarbe übermalt worden war. Einen barocken Hochaltar mit Kommunionbank und Chromstühlen erwarb man in Holland, so dass im Winter 1959/60 der Zustand von 1740 einigermaßen wieder hergestellt war. Das war auch wohl die Absicht der damals Verantwortlichen, wenn auch keineswegs der Wunsch aller Katholiken in Ascheberg, von denen nicht wenige die bunte Kirche ihrer Kindheit sehr vermißten. Aber auch mancher, der der Neugotik nicht nachtrauert, hätte das Gemälde über dem Chorbogen gern beibehalten trotz der etwas schwachen Mariendarstellung. Für das Plettenberg-Wappen hätte sich wohl ein anderer geeigneter Platz gefunden.

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Das Vereinshaus

Das große, weiß-schwarze Fachwerkhaus am südlichen Kirchplatz hieß früher "Vereinshaus", denn es sollte den Veranstaltungen der kirchlichen Vereine dienen. Pünktlich zum Goldenen Priester- und Silbernen Ortsjubiläum des Pfarrers Josef Degener, den der Papst zum Prälaten ernannt hatte, wurde es im Jahre 1924 fertig.
Seit dem großen Brand am östlichen Kirchplatz im Jahre 1903 dachte die Pfarrgemeinde daran, nicht nur die Kirche östlich zu erweitern, sondern auch ein Vereinshaus auf den Grundstücken der abgebrannten Häuser zu errichten.
Vereinshaus
Sie erwarb die Grundstücke, und die Eigentümer erhielten Bauplätze an der Dieningstrasse, wo Graf Galen Land zur Verfügung stellte. Nachdem die zwei vom Brand verschonten Häuser direkt neben dem Pfarrhaus auch abgebrochen werden konnten, entstand hier das neue Vereinshaus, das - wie könnte es anders sein - sofort allgemein mit Kritik bedacht wurde: Schwarz- weißes Fachwerk gehört ins Sauerland, aber nicht nach Ascheberg, das Bauholz ist nicht abgelagert und noch so grün, dass es vermutlich weiter wächst, der Pastor bricht alles übers Knie - kurz: Das kann ja nichts werden.
Kaum einer beachtete, dass die Gestaltung das alte Kirchplatzensemble respektierte, denn der Neubau ahmte äußerlich die Formen der vier abgebrochenen Häuser nach, was auch heute noch gut zu erkennen ist.
Ursprünglich waren alle Ascheberger Fachwerkhäuser mit grauem Lehmverputz und, so gut es ging, mit weißem Kalkanstrich versehen. So unmöglich war die Gestaltung gar nicht, sie entsprach durchaus der heimattümelnden Tendenz jener Zeit.
Aber was die Kritiker sonst noch gegen die hastige Bauerei vorzubringen hatten, war nicht ganz von der Hand zu weisen, denn schon 1981/82 musste das ziemlich marode Haus völlig neu gebaut werden.
Zur Einweihung am 29. Dezember 1924, die gleichzeitig mit den Jubiläen des Prälaten stattfand, hatte Schulrektor Anton Otte ein Preisgedicht mit 19 Strophen erstellt, das mit viel Juchheidi-Juchheida gesungen wurde.
In den folgenden 58 Jahren war im Vereinshaus "immer was los". Der Saal diente vielen Veranstaltungen, Einquartierungen von Soldaten und SS- Einheiten im Krieg, einigen Familien als Notwohnung während der Beschlagnahme durch die Amerikaner, nach 1946 auch eine Zeit lang der evangelischen Kirchengemeinde für den Gottesdienst. Der Kindergarten, die Pfarrbücherei und die Rektoratsschule, waren darin für einige Zeit untergebracht. Es gab auch ein kleines Einzelhandelsgeschäft und im Obergeschoß drei Mietwohnungen.
Im großen Saal ermöglichte eine eingebaute Bühne die Aufführung von Theaterstücken durch Laienspielscharen. Ebenso fanden darin Konzerte, Chorgesang, Vorträge und Schulentlassungsfeiern statt .Durch zwei Kohleöfen wurde der Saal beheizt, ein dritter stand im so genannten "kleinen Saal', der durch große Türen vom Hauptsaal abgetrennt werden konnte. Daneben war ein kleinerer Raum für viele Zwecke, und natürlich gab es auch ordentliche Toiletten.
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Am Karfreitag 1945 wurde Ascheberg besetzt
Dr. E. Pistorius, Aachen

Ascheberg. Mitte März 1945 mehrten sich die Anzeichen dafür, dass die Front im Westen ins Wanken geriet. Trecks mit zahllosen Fremdarbeitern zogen, von Männern des hiesigen Volkssturmes geleitet, durch Ascheberg. Sie wurden hier verpflegt; ihre materielle Not wurde durch Spenden mitleidiger Menschen nach Kräften gemildert.

Immer näher kam die Front. Die Verantwortlichen des Dritten Reiches hatten das Ausmaß unserer Niederlage noch nicht erkannt. Sie glaubten, mit dem Aufgebot des Volkssturmes, lauter ältere oder militäruntaugliche Leute, die große Wende herbeiführen zu können. Am 28. März erhielt Hugo Merten in seiner Eigenschaft als Volkssturmführer vom Kreisleiter in Lüdinghausen ein Schreiben folgenden Inhalts:
„Ich ernenne Sie hiermit zum örtlichen Widerstandskommissar. Jedes feige und ehrlose Verhalten ist durch sofortiges Erschießen zu ahnden.“
Hugo Merten war sich über die Tragweite dieses Schreibens keinen Augenblick im Zweifel: Lehnte er ab, konnte es ihn den Kopf kosten. Er musste annehmen, bestand doch die Gefahr, dass sonst ein unbelehrbarer Fanatiker mit allen Vollmachten ausgerüstet worden wäre. Die Bürger Aschebergs hatten zu Hugo Merten volles Vertrauen.
Sofort nach Empfang des Schreibens berief er seine bewährten Mitarbeiter zu sich in die Bultenstrasse und beriet die Lage. Alle Anwesenden, die Volkssturmführer Josef Wintrup, Lehrer Ahle aus der Osterbauerschaft, auch der Ortsgruppenleiter, die Polizeiwachtmeister Ott und Berlage und der Verfasser dieses Artikels, widersetzten sich einer Verteidigung des Ortes mit den unzulänglichen Waffen.
Dr. E. Pistorius
Am Karfreitagmorgen mussten Volkssturmleute noch Fremdarbeiter auf Befehl des Kreisleiters nach Sendenhorst bringen, und gegen Mittag erhielt Wintrup den Befehl zum Einsatz seiner Volkssturm-Kompanie nach Lüdinghausen, was er aber mit allerhand Ausflüchten zu verhindern wusste.
Gegen Nachmittag fand in der Bultenstrasse im Hause Merten die denkwürdige Sitzung mit dem aus Lüdinghausen gekommenen Kreisleiter statt. Ich selbst war bei dieser Sitzung nicht anwesend, weil ich auf Befehl der Kreisleitung in der Sandstraße in der Nähe von Schulze Frenking eine Panzersperre auszubauen hatte. Die 5 Pflastersteine, die ich mit Hilfe von 6 Männern des Volkssturmes ausgehoben hatte, wurden auf die Nachricht von der Abfahrt des Kreisleiters wieder sorgfältig eingefügt. Er verlangte in der oben erwähnten Sitzung den sofortigen Einsatz des Volkssturmes. Wir hatten nur 5 Gewehre und einige hundert Patronen. Bei den Panzerfäusten fehlten die Sprengkapseln. Niemand wusste, wo sie geblieben waren. Hugo Merten machte den Kreisleiter auf das Unsinnige seiner Forderung aufmerksam, indem er erklärte, dass dieses Verlangen organisierter Selbstmord sei. Angesichts dieses energischen Widerstandes wurde der Kreisleiter weich und gab den Befehl, die Waffen an die letzten durchziehenden deutschen Truppen abzugeben. Noch bei der Abfahrt, im Wagen stehend, rief er aus: „Und dennoch bis zum Siege!“
Nun begann Hugo Merten zu handeln. Der Hitlerjugend wurde befohlen, in Ascheberg zu bleiben. Vielen Eltern fiel ein Stein vom Herzen. Der Volkssturm trat nicht in Aktion. Der Vorschlag, weiße Fahnen zu hissen, wurde einmütig abgelehnt, solange noch deutsche Truppen vor uns kämpften. Nun setzten sich Merten und Wintrup auf Motorräder und fuhren gegen Westen, bis sie auf die Vorhuten der Amerikaner und damit auch auf unsere letzten Verteidigungstruppen trafen. Dies war die Kampfgruppe Major Gärtner, bestehend aus 3 Offizieren und 70 Mann, die nur wenige moderne Waffen hatten. Die Amerikaner stießen nur sehr zögernd nach. Merten und Wintrup fuhren auf Nebenwegen nach Ascheberg zurück und trafen die oben erwähnten deutschen Truppen am Bahndamm an der Straße Lüdinghausen - Ascheberg wieder. Merten veranlasste die Truppen, ins Dorf zu marschieren, wo die Offiziere bei Merten, die Mannschaften von den Einwohnern gastlich aufgenommen wurden. In einer „Generalstabsbesprechung“ wurde die Lage erörtert, wobei gerade durch den Rundfunk die Nachricht kam, dass das Ruhrgebiet von Süden her umgangen würde. Die Offiziere beschlossen nun, sich nach Osten abzusetzen. Auf Lastwagen der Wehrmacht fuhr die letzte deutsche Einheit nach Drensteinfurt, und Frau Merten hat mit dem PKW noch 3 Verspätete der Kampfgruppe Gärtner nachgefahren. Über das weitere Vordringen der Amerikaner war Merten durch engen Kontakt mit der Wirtin Ermke bestens unterrichtet. Merkwürdigerweise funktionierte das Telefon noch. Hierdurch erfuhren wir, dass ein Teil der Panzerspähwagen auf Ascheberg, ein anderer nach Ottmarsbocholt im Anmarsch sei.
Unterdessen saßen Wintrup und ich bei Merten und warteten der Dinge, die da kommen sollten. Wir wunderten uns und konnten gar nicht verstehen, dass die amerikanischen Vorhuten gegen Abend noch nicht das Dorf erreicht hatten. Die Spannung stieg ständig. In dieser Situation erklärte sich Wintrup bereit, die Lage zu sondieren und stellte die ersten Amerikaner am Ortsausgang nach Lüdinghausen fest. Die Verhandlungen führten in Ermangelung der notwendigen Sprachkenntnisse zu keinem Ziel, worauf ich mich nach Rückkunft von Wintrup bereiterklärte, mit ihm zu den Vorhuten der Amerikaner zu gehen. In dieser Zeit wurde der Elektriker Grundkötter von einem übereifrigen Amerikaner erschossen. Am Dorfausgang trafen wir keinen Amerikaner mehr an. Die Straße war menschenleer. Eine weiße Schürze zwischen uns schwenkend, gingen wir bei Platvoet vorbei und sahen im hellen Vollmondlicht an der Abzweigung nach Lüdinghausen die ersten Amis, die abgesessen neben ihren Panzerspähwagen standen. Wir machten uns von weitem bemerkbar, um nicht das Schicksal Grundkötters zu teilen. Ich begrüßte die Soldaten in meinem besten Schul-Englisch, wurde aber von den übermütigen Siegern nicht ganz ernst genommen. „Wie weit ist es bis Berlin?“ fragte einer, der es besonders eilig zu haben schien. „300 Meilen“, antwortete ich, stolz darauf, dass ich die Kilometerzahl so fix umgerechnet hatte. „Kann ich mit Dr. Goebbels telefonieren?“ fragte mich ein anderer Witzbold. Darauf wusste ich keine Antwort. Ich bat, einen Offizier kommen zu lassen, um die Übergabe des Ortes anzubieten. Als dieser nach kurzer Zeit erschien, beteuerten Wintrup und ich, dass keine deutschen Truppen im Ort Ascheberg seien. Diese Behauptung war nicht ganz ungefährlich; denn es hätten ja mittlerweile noch versprengte Einheiten aus Richtung Nordkirchen eintreffen können. Fast zur selben Zeit begann ein lebhaftes Schießen zwischen Bahndamm und den amerikanischen Vorhuten. Am späten Nachmittag war auch noch der Hof von Beutelmann in der Hegemerbauerschaft von SS-Truppen in Brand geschossen worden. Nach unserer Fühlungnahme mit den Amerikanern traten wir erleichtert den Heimweg an. Die Amerikaner schossen uns noch einige Salven nach, die aber absichtlich hoch über unsere Köpfe gingen. Vielleicht wollte man nur etwa im Dorf vorhandene deutsche Truppen warnen. Im „Hauptquartier“ bei Merten hatte man schon das Schlimmste für Wintrup und mich befürchtet.
Die amerikanischen Panzerspitzen setzten sich nun in Marsch; die ganze Nacht rollten über die Biete und die Steinfurter Straße Panzer, Jeeps und Lastwagen gegen Osten. Die unmittelbare Gefahr, in das Kampfgeschehen einbezogen zu werden, war vorbei; die Heimat war vor unsinniger Zerstörung bewahrt. Am nächsten Morgen nahmen Merten und ich Fühlung mit dem amerikanischen Ortskommandanten, einem Oberleutnant der Nachrichtentruppe, auf. Er hatte seine Dienststelle im Amtshaus eingerichtet und zeigte sich als ein vernünftiger Mann. Aber auch er konnte nicht verhindern, dass eine Reihe der besten Häuser für die Truppen beschlagnahmt wurden. Es war eben Krieg. Auf die Auswahl der zu räumenden Häuser hatten die deutschen Stellen keinen Einfluss; immerhin gelang es mir als Dolmetscher, die größten Härten abzubiegen. Die Bevölkerung schickte sich in das Unabwendbare. Zuerst durfte niemand vor 12 Uhr die Straße betreten. Vielen unserer Mitbürger wird es gewiss noch in Erinnerung sein, dass sie am Ostersonntag - manche zu ersten Mal in ihrem Leben - nicht dem Gottesdienst beiwohnen konnten. Später wurden Passierscheine ausgegeben.
Der mit Spannung geladene Karfreitag und die nachfolgende Schreckenszeit werden in Ascheberg unvergessen bleiben.

(siehe auch unter Geschichte Teil 4)
(siehe auch unter Straßen)

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Die Antoniusfigur an der Sandstraße

Im Vorgarten des ehemaligen Hauses Claes (heute Baron von Twickel) steht eine steinerne Figur des hl. Antonius von Padua mit dem Jesuskind auf dem Arm. Kaum ein Ascheberger weiß etwas von der Geschichte dieser Figur, die in der Folge eines Unglücksfalles entstanden ist. Der gegenüber liegende Bauernhof war im 19. Jh. im Besitz der Familie Heuckmann, im Jahre 1827 der Eheleute Jodokus Heinrich Heuckmann und Anna Schulze Frenking. Ihre zwei kleinen Jungen, der dreijährige Bernhard Antonius, und sein etwas älterer Bruder Franz Heinrich spielten auf dem Hofgelände, auf dem es damals noch eine Gräfte gab. Der kleine kam dem Wasser zu nahe, rutschte hinein und ertrank vor den Augen des größeren Bruders, der ihn aber nicht mehr retten konnte. Vielleicht war er aber auch selbst noch zu klein, um irgendeine Hilfe leisten zu können. Das Unglück ereignete sich am 6. August 1827.
Diese traurige Begebenheit ist nirgends dokumentiert, sondern nur durch mündliche Überlieferung bekannt. Es wird erzählt, der ältere sei auf dem Hof herangewachsen, habe die damals übliche landwirtschaftliche Ausbildung erhalten und als künftiger Erbe auch auf dem Hof der Eltern geheiratet. Das erste Kind aus dieser Ehe sei 1853 ein Junge gewesen, der den jungen Vater sehr an den ertrunkenen kleinen Bruder erinnert habe. Deshalb hätten er und seine Frau beschlossen, aus Dankbarkeit für die glückliche Geburt ihres Sohnes und gleichzeitig zum Gedenken an das vor vielen Jahren verunglückte Kind Heinrich Antonius eine Statue des hl. Antonius von Padua aufzustellen. Wahrscheinlich waren das Jesuskind auf dem Arm des Heiligen und der Name des verunglückten Kindes, der Grund für diese Wahl. Die Heuckmanns hätten einen Holzschnitzer aus der Verwandtschaft der Bäckerei Hülsmann auf der Dorfheide damit beauftragt. Dieser schuf eine Holzstatue, die auf dem Hof Heuckmann aufgestellt wurde, ob im Haus oder auf dem Hofgelände oder an der Sandstrasse, ist nicht bekannt. Die Figur kam später – wann, ist ebenfalls nicht bekannt – in das Haus der Bäckerei Hülsmann auf der Dorfheide und befindet sich dort noch heute.
Die Antoniusfigur
Warum das geschah, ist nicht überliefert. Es fällt dem Betrachter allerdings auf, dass der Bildhauer dem Heiligen sehr individuelle Gesichtszüge gegeben hat, was in so einem Fall nicht üblich war. Man kann vermuten, dass hier ein Porträt geschaffen wurde, vielleicht das des Vaters oder Großvaters des kleinen Jungen. Das ist wohl anfangs begrüßt oder wenigstens akzeptiert worden, könnte aber nach längerer Zeit vielleicht doch als zwar gut gemeint, aber etwas „übertrieben fromm“ gestört haben. Außerdem war eine Holzfigur in einem Bildstock oder unter einem nicht wettersicheren Dach nicht genügend geschützt, so dass man sie durch die heutige Steinfigur ersetzte. Trotzdem hätte die Holzfigur im Haus der Stifter bleiben können. Vielleicht hat die damalige Familie Hülsmann aber ein besonderes Interesse an der Figur gezeigt und sie erworben oder geschenkt bekommen.
Der Hof Heuckmann und mit ihm die Antoniusfigur sind später durch Verkauf in den Besitz der Familie Schlingermann gekommen. Da eine Schlingermann-Tochter den Direktor der Landwirtschaftsschule, Josef Claes, heiratete und auf dem geerbten Grundstück das heutige Haus von Twickel erbauen ließ, ist vielleicht erst in diesem Zusammenhang die steinerne Antoniusfigur geschaffen und im Vorgarten aufgestellt worden. Das müsste um 1920 gewesen sein. Das Haus wurde von dem Drensteinfurter Architekten Bernhard Kruse entworfen, der eine Reihe von Villen in neubarocken Formen baute.
Warum trägt Antonius von Padua das Jesuskind auf dem Arm? Die Heiligenlegenden geben keine eindeutige Antwort. Ein besonderes Ereignis scheint dieser Darstellung, die seit dem Ende des 15. Jahrhunderts üblich wurde, nicht zugrunde zu liegen. Das Jesuskind soll wohl auf die besondere demütige Liebe des Antonius zu Jesus hinweisen. Er war ein Spanier, lebte in Italien, besonders in Padua, wo sich sein Grab befindet. Er starb am 13. Juni 1231, nur 36 Jahre alt.
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Himmelstraße

Die Himmelstraße
Warum heißt eine Dorfstraße „Himmelstraße“? Sie hat doch nichts zu tun mit der blauen Luft und den weißen Wolken über uns, auch nichts mit dem unseren Vorstellungen entzogenen „Ort Gottes“, den alle frommen Christen sich als ihren Ort für die Ewigkeit erhoffen! Julius Schwieters, der Historiker des alten Kreises Lüdinghausen, hat vor mehr als einhundert Jahren eine Erklärung abgegeben, die auch heute noch in Ascheberg zu hören ist. Der „Himmel“ sei eine frühere germanische Opferstätte, die nach der Christianisierung demonstrativ einen den neuen Glauben betonenden und bekennenden Namen erhalten habe. Das sei ein kluger Zug der Missionierungsstrategie gewesen und habe zur Festigung der christlichen Lehre bei unseren Vorfahren gedient
Wer in Nord- oder Süddeutschland auf „Himmelsorte“ trifft, wird auch dort Erklärungen hören können, die den religiösen Bezug in ähnlicher Weise hervorheben. Es gibt auch Varianten, die „Himmel“ in einem übertragenen Sinn deuten! So z. B. in Kirchzarten bei Freiburg, wo das “Himmelreich” in der hier beginnenden Rheinebene den mittelalterlichen Jakobspilgern auf der Wanderung nach Santiago de Compostella in Spanien als eine Erlösung, als ein Geschenk des Himmels, erschien, nachdem sie soeben das unwegsame „Höllental“ verlassen hatten.
Seitdem die moderne Ortsnamen- und Flurnamenforschung, von der Schwieters nichts wissen konnte, weiß, dass viele alte Namen durch volkstümliche Umdeutung auch in ihrem Lautstand verändert wurden, sucht sie nach dem ursprünglichen Grundwort, das zumindest in Resten in dem zu deutenden Namen verborgen ist. Beim „Himmel“ ist es die Silbe „him“, die als Urbaustein zurückbleibt. Dazu gibt es die Ableitungen „ham – hem – hom – hum“, denn Vokale spielen eine untergeordnete Rolle. Hamm, Hemmer, Homburg, Humbrink gehören dazu, und alle bedeuten im Grunde das gleiche: wasserreiches Gelände. Das Hamfeld in Drensteinfurt war immer „ein ganz nasses Loch“, wie ein Anwohner sagte. Die Hemisburg in Albersloh liegt an der Werse, die wie alle Flüsse im Tiefland zu Überschwemmungen und Sumpfbildung neigte. Ähnlich ist es bei dem Ascheberger Hambrock, ein hierzulande typisches Urwort für ein einst nasses Bruchgelände. Die Orts- und Flurnamenforschung konnte nur durch internationalen Vergleich zu sachgerechten Deutungen kommen, die nicht von der Mythologie, sondern von der Topographie ausgehen.
Für den nördlichen Teil der heutigen Himmelstraße ist ein besonderer Wasserreichtum belegt durch Aussagen von Augenzeugen. Als in den dreißiger Jahren die Bäckerei Reher neu erbaut wurde, gab es sehr große Probleme bei der Abdichtung der Kellerräume, weil der Grundwasserdruck hier ungewöhnlich stark war. Die alten Leute sahen damals ihre Erfahrung bestätigt, dass der „Himmel“ – wie man früher kurz sagte – ein sehr tief gelegenes, nasses Land gewesen war. Mündlich ist überliefert, dass bis etwa 1820 dort ein kurzer Graben das Quellwasser in den damals noch offenen Bach in der Sandstraße leitete. Der Gasthof Reher sei deshalb scherzhaft „Überwasser“ genannt worden, weil er nur über eine Brücke erreichbar war.
Die „Himmelstraße“ ist also für die Namenforschung ein verhältnismäßig günstiger Ort, denn die einst namengebenden Wasserverhältnisse sind uns heute nicht fremd, wenn auch die moderne Kanalisation und die Auffüllung der Böden vieles verändert haben. Zugegeben – die romantischmythologische Deutung, die uns Julius Schwieters vor einhundert Jahren hinterlassen hat, ist nicht ohne Reiz, aber sie lässt völlig außer acht, dass „Wald und Sumpf einst als souveräne Herrscher regierten und die Vorstellungswelt der Namenschöpfer beherrschten“, wie der Namenforscher Edward Schröder sagt.
(siehe auch unter Straßen)

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Die Figur des Heiligen Lambertus

Kein Namenstag, nicht einmal der der Heiligen Maria findet in Ascheberg soviel Beachtung wie der des Kirchenpatrones St. Lambertus, obwohl kaum ein Ascheberger Mann so heißt. Das liegt an den Lambertusspielen, die hier schon seit alten Zeiten üblich sind. Diese sind aber inhaltlich nicht auf einen Lambertuskult ausgerichtet, sondern auf die früher im September (Michaelistag) stattfindende Wende im ländlichen Arbeitsjahr mit dem Gesindewechsel und dem Beginn der winterlichen Beleuchtung.
Deshalb singt man Spottlieder auf die menschlichen Schwächen der Mägde, Knechte und Bauern und trägt dabei bunte Laternen. Ursprünglich sind die Teilnehmer und Darsteller dieser Spiele hauptsächlich Erwachsene gewesen, wie heute noch beim Spiel „0 Buer, wat kost din Hei“? Die bunten Laternen tragen jedoch nur noch kleine Kinder.
Alle Legenden und Berichte über das Leben des Heiligen Lambertus dokumentieren seine moralische und kirchenpolitische Größe. Darum zeigt das neue Ascheberger Lambertusbild, das 1989 von dem Kölner Künstler Theo Heiermann geschaffen wurde, eine Seite der Persönlichkeit des Heiligen, die zweifellos auch wirksam gewesen sein muss: die liebevolle Zuwendung zu den Schwachen und Kleinen.
Die Figur des Heiligen Lambertus
In der Regel wird Lambertus als Bischof dargestellt, meistens mit den Waffen (Schwert, Lanze, Pfeil), die ihn töteten, in der Hand. In einem Einzelfall, nämlich auf einem Altarflügel, den der Kölner Maler Bartholomäus Bruyn der Altere (1493 - 1555) malte, trägt er auch eine kleine Kirche, vermutlich weil er bei der Missionierung in Toxandrien (Brabant) Kirchen gründete.
Das Altarbild hängt in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München. Aber auch da gibt es Unklarheiten, denn der Maler wollte ursprünglich dem Heiligen ein Buch in die Hand geben. Während der Arbeit änderte er sein Konzept und malte das Kirchenmodell. Über seine Gründe ist nichts bekannt. Allerdings gibt es schon seit 1900 unter den Fachleuten Zweifel, ob der Heilige auf dem Bild tatsächlich Lambertus von Maastricht ist.
Als der münstersche, aber aus Ascheberg stammende Bildhauer Anton Rüller 1910 die Lambertusfigur über dem Turmportal in Ascheberg schuf (und sogar stiftete), gab er dem Heiligen ein Kirchenmodell in die Hand. Vielleicht hat er das Münchner Bild gesehen und dieses Attribut seiner Einmaligkeit wegen für seine Heimatgemeinde Ascheberg wiederholt. Übrigens ist so eine Lösung bei ihm kein Einzelfall: Dem Evangelisten Lukas am Turmportal der münsterschen Lambertikirche gab er den Kopf Goethes.
Die älteste erhaltene Lambertusdarstellung befindet sich im Siegel des Bischofs von Lüttich, Rudolf von Zähringen, der 1190 starb. Zu den Jüngsten - falls sie nicht die Jüngste überhaupt ist -zählt die Figur des Heiligen mit dem lampiontragenden Mädchen in Ascheberg. Theo Heiermann war 1988 von der Pfarrgemeinde beauftragt worden, ein Kind mit einem Lampion neben den Heiligen zu stellen. Bei dieser Entscheidung spielte die traditionelle Ikonographie keine Rolle; man wünschte sich einen Bezug zu den Lambertusspielen.
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Die Ascheberger "Bauernkrippe"

Wie alle Krippen ist auch die Ascheberger eine Deutung des Evangeliumstextes nach Lukas 2,1 -20. und Matthäus 2,1 -12. Sie ist allerdings kein Gemälde aus einem Guss, sondern im Laufe von annähernd 100 Jahren nach den Vorstellungen verschiedener Künstler und Auftraggeber entstanden. Anton Rüller, der in Ascheberg gebürtige und in Münster zu hohem Ansehen gelangte Bildhauer, schuf um 1900 die Heilige Familie, die Hauptgruppe jeder Krippe, die Hirten und die Heiligen Drei Könige. Es sind zwar keine schriftlichen Unterlagen bekannt, die das belegen, aber früher erwähnten die alten Leute das häufig mit einem Anflug von Stolz, dass ein Junge aus ihrer Gemeinde so eine Kunst hervorgebracht hatte. Auch Julia Merten, die vor vielen Jahren im hohen Alter verstorbene in Ascheberg geborene Lehrerin, die Anton Rüller gekannt hat, betonte es immer mit Nachdruck. Bauernkrippe
Das Kamel stammt aber aus einer anderen Werkstatt. Der Bildhauer Herbert Vogeley im Heilbad Heiligenstadt hat es 1991 durch Vermittlung der Familie Hembrock geschaffen, allerdings nur als Rohling, das heißt ohne farbliche Fassung. Bemalt wurde es von dem Malermeister Albert Mangels. Auch die anderen Tiere, also Ochs, Esel und Schafe, sind noch nicht alt. Sie sind Arbeiten der Bildhauerin Gertrud Büscher-Eilert aus in Horstmar aus dem Jahre 1986 und wurden von einer privaten Gruppe in Ascheberg gestiftet. Die älteren Schafe, deren Bildner nicht bekannt ist, wurden damals ausgeschieden, weil sie als nicht zu den alten Figuren passend empfunden wurden.
Den großen Krippenstall hat Helmut Walzel im Jahre 1968 gebaut. Er wählte ein schwarzweißes Fachwerkgebäude mit Brettergiebel und Strohdach und passte den Stall damit der uralten Bauweise der ländlichen Häuser in unserer Heimat an. Bevor das Ausmauern des Fachwerkes mit Ziegeln im Münsterland auch bei den Häusern der kleinen Leute üblich wurde, gab es nur das Lehmflechtwerk, das grauweiß verputzt wurde und nur anfangs so schön weiß erstrahlte wie das Krippenhaus.
Dass heutige Krippengestalter die Geburt des Jesuskindes in die heimische Landschaft verlegen, auch in eine Großstadtstraße oder vor die Kulisse eines Hochofens, wird auch von etwas konservativen Christen im allgemeinen akzeptiert. Das war aber früher keineswegs so, wie das Beispiel der Kirchengemeinde St. Clemens in Telgte, der Stadt des Krippenmuseums, zeigt. Als 1935 eine münsterländische Bauernkrippe angeschafft wurde, gab es zornige Proteste von engagierten Katholiken, die hier den Einfluss des Blut-und- Boden-Kultes der Nazis wirksam werden sahen. Für die Darstellung der Geburt Christi galten damals die mittelalterlichen Altarbilder als vorbildlich.
Die kleine Hirtenfamilie die im Jahre 1994 neu zur Krippe gekommen ist, wurde von dem Hobby-Bildschnitzer Hans Hettenberger aus Bottrop geschaffen. Sie ist die jüngste Gruppe der Krippe, während die Heiligen Drei Könige zu den ältesten Figuren gehören. Früher war es üblich, die Könige mit ihrem Kamel und dem Kamelführer erst am Epiphaniefest (6.Januar) aufzustellen. Jetzt werden sie schon am 2. Weihnachtstag aufgebaut, allerdings nicht vor der Heiligen Familie, sondern zunächst noch im Hintergrund. Unter ihnen erregte der schwarzhäutige König immer das besondere Interesse der Kinder, denn Menschen mit schwarzer Hautfarbe waren früher so gut wie nie auf unseren Straßen zu sehen. Das Gleiche gilt auch für das ewig dankbar kopfnickende Negerkind, dem die Kinder gern einen Groschen in seine Gelddose warfen und das an keiner Krippe fehlte. Heute wird es als rassendiskriminierend empfunden und nicht mehr aufgestellt. Aber ein kleiner Opferstock ist immer in der Nähe.
Ochs und Esel sorgten zwar für eine gewisse Stallatmosphäre, werden aber im Weihnachtsevangelium nicht erwähnt. Sie entstammen der energischen Mahnung des Propheten Jesaja (1,3): "Der Ochs kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn. Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ Deshalb zeigen auch manche Kirchenkrippen nur die Köpfe dieser Tiere, so früher in Rinkerode und heute noch in Drensteinfurt. Sie gehören nicht zur Szenerie, sondern mahnen den christlichen Glauben an, auch wenn fromme Großmütter den Kindern gern erzählen, sie hätten mit ihrem warmen Atem das Jesuskind vor der Kälte im Stall zu Bethlehem bewahrt.
Wer nach Symbolen und Zeichen sucht, findet sie in der Krippendarstellung reichlich: die immergrünen Pflanzen Tanne und Moos, die Schafe, die Hirten, den Stall auch die idyllischen Zutaten wie Hirtenfeuer, Brücken und sorgfältig angelegte Wege. Eine Krippe ist keine weihnachtliche Kirchendekoration, sondern eine Dokumentation des christlichen Glaubens. Deshalb wird auch das große Kreuz an der östlichen Wand nicht durch Pflanzen oder einen Vorhang verdeckt - es ist Bestandteil der Krippe.
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Bultenstraße

Wer sich mit Hochmooren auskennt, kennt auch den Bult-Schlenken-Komplex, d.h. die Wasserflächen mit den bewachsenen kleinen Hügeln darin. Mit Bult bezeichnet man auch in der "normalen" Landschaft einen Hügel in einem Naßgebiet, und eine Schlenke - das Wort ist auch umgangssprachlich bekannt - ist eine Wasserfläche, kein Teich und keine Kuhle, sondern ein seichtes Gewässer. Deshalb werden gelegentlich auch große Pfützen so bezeichnet.
Ein Bult wurde, wenn er sich in die Länge zog, als Weg benutzt, denn hier konnte das Regenwasser leichter abfließen und eine einigermaßen passable Trasse garantieren, die man schließlich zu einer befestigten Straße ausbauen konnte. Der erste Ansiedler auf einem Bult wurde manchmal auch nach diesem benannt und bekam dann den Namen Bultmann oder Bültmann, Bülthues, Bültering, Bulthoff und vielleicht auch Bolte.
Außer der bekannten Bultenstraße im Dorf gab es auch in der Ascheberger Osterbauerschaft einen Bulten, der heute nicht mehr unter diesem Namen bekannt ist, aber dem aufmerksamen Wanderer, besonders dem Radwanderer wegen der spürbaren Steigungen, nicht verborgen bleibt. Wer vom Daverthauptweg zum Heubrok fährt, bemerkt zwischen den Häusern Greive und Rottmann einen leichten Anstieg, der sich an Rottmanns Hofkreuz verstärkt und an Haverkamp, Bultmann und Schilling vorbei sich fortsetzt bis zum Haus Koch-Westerholt.
Bultenstraße
An den kleinen Rastplatz des ACA bei Wobbe erreicht der Buckel mit 66.7 m seinen höchsten Punkt. Zum Emmerbach hin sinkt das Gelände etwas ab. Die 65-m-Höhenlinie, die die Anhöhe begrenzt, kreuzt an der Wegegabelung bei Schulte den Heubrokweg, verläuft nördlich von Beckmann parallel zum Emmerbach in Richtung Davensberg, umrundet Schulze Pellengahrs Kotten und den Dicken Buschk und kehrt in einem großen Bogen zu Rottmann zurück. Die Häuser Schulte und Kleykamp im Süden und Mersmann, Steinhorst und Schulze Pellengahr im Norden liegen deutlich niedriger. Diese Anhöhe muss ursprünglich Bult oder Bulten genannt worden sein, denn an ihrem westlichen Ende lag vor der Emmerbachsenke der 1865 nach einem Brand untergegangene Hof Bultmann, der zweifellos nach seiner Lage auf diesem schmalen knapp 600 Meter breiten und etwa 2 km langen Hügel benannt worden ist. Keiner der innerhalb der 65-m-Höhenlinie gelegenen Höfe ist älter als Bultmann. Alle Nachbarhöfe entstanden im 19. Jahrhundert, als ein großer Hof dort Land verkaufte und damit Gelegenheit zur Ansiedlung bot. Schwieters erwähnt um 1880 den Hof Bultmann nicht mehr, nach Dr. Helmut Müller wurde er schon 1498 registriert. Hundert Jahre später, 1590, gab es einen Hermann thor Bult im Dorf, der seinen Namen aber wahrscheinlich dem Bult am Askasberg, der heutigen Bultenstraße, verdankte. Ein weiterer Hof in der Osterbauerschaft könnte seinen Namen einem Bult verdanken: Bollermann, der nach Müller 1419 to Baldermennynk hieß. Die Lage dieses Hofes und das d in dem damaligen Namen können ein Hinweis darauf sein, dass auch hier ein Bult namengebend war. Auch der Hof Bollermann liegt am nördlichen Rande eines 63 bis 65 Meter hohen Buckels, der sich nach Süden bis in den Hagen hinein erstreckt. Nach Norden schließt sich zur Rinkeroder Grenze hin ein deutlich niedrigeres Gebiet an. Dass die Anhöhe Bulten genannt wurde, ist nicht erwiesen, aber nicht auszuschließen, denn auch hier fließt ein Bach, der heute sehr begradigte Holthoffbach. Für unsere Theorie wäre es bequemer, wenn der Hof Bollermann Boltermann oder Bultermann hieße, aber auch in Baldermannynk kann durchaus ein " Bult" verborgen sein.
(siehe auch unter Straßen)

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Düstere Kammer

Zwischen den Häusern Wismann und der Gaststätte Geismann zweigt eine schmale Gasse mit dem einprägsamen Namen „Düstere Kammer“ von der Bultenstraße zur Biete ab. Im Jahre 1993 wurden die alten Wirtschaftsgebäude an der Westseite und die etwa zwei Meter hohe Mauer abgebrochen, die bis dahin tatsächlich die Gasse etwas verdunkelt hatten, so dass mindestens das Adjektiv „düster“ durchaus plausibel erschien. Aber auch die Bezeichnung „Kammer“ für die überschaubare kurze Gasse galt allgemein als ohne weiteres verständlich. Als der Gemeinderat vor Jahren über Straßenlaternen zu entscheiden hatte, sprach man sich für eine sparsame Beleuchtung der Gasse aus, um ihrem Namen gerecht zu werden.
Düstere Kammer
Nun gibt es auch in Nordkirchen eine Straße mit dem Namen „Düsterkammer“. Auf einem Lageplan des Nordkirchener Schlosses aus seiner Bauzeit Anfang des 18.Jahrhunderts ist die Flur „Düsterkammer“ zwischen dem Schloss und dem Ortskern eingezeichnet. Eine besondere Düsternis ist aber an dieser Stelle nicht erkennbar, jedenfalls heute nicht mehr, und sie könnte um 1700 höchstens durch ungewöhnlich dunklen Bewuchs bewirkt worden sein, der aber nicht namengebend gewesen sein kann, denn Bäume wachsen und vergehen wieder. Nach ihnen benannte man keine Flur.
Man muss also nach einer anderen Erklärung suchen. Vielleicht entwickelte sich „düster“ aus einem längst vergessenen und einem anderen Bedeutungsfeld zugehörenden, aber ähnlich lautenden Wort. In der Tat findet sich im Wörterbuch von Wilhelm und Jakob Grimm eine Vokabel, die heute keiner mehr kennt: „Dust“. Sie bedeutet nur Negatives und wurde in unterschiedlichen Sinnzusammenhängen benutzt. Dust konnte Schmutz und Staub, Wertloses und Unbrauchbares, schlechtes Holz, Spreu und sogar Regen bedeuten. Ein Stück Land, das wegen ungewöhnlicher Nässe oder Trockenheit für den Menschen weitgehend wertlos war, könnte durchaus als „dustig“ oder „duster“ bezeichnet worden sein. Ob das nun für die „Düster(en) Kammern“ in Nordkirchen und Ascheberg zutrifft, ist heute nicht mehr zu überprüfen.
Da aber in Ascheberg die Biete und die benachbarten Fluren Unland, Humbrink, Aaland und Dorfheide ursprünglich landwirtschaftlich wenig ergiebig, teilweise auch ziemlich nass waren, kann auch die „Düstere Kammer“ nur eine ähnlich unfruchtbare Ecke gewesen sein. Es lag natürlich nahe, das niederdeutsche Wort „Dust“ oder – als Adjektiv verwendet – „duster“ mit „düster“ ins Hochdeutsche zu übersetzen.
Der Delmenhorster Stadtteil „Düsternort“ verdankt seinen Namen einer ehemaligen seenreichen Heidelandschaft, in der sich viele wasserreiche unreife Moore befanden. Solche grünen Moore nannte man „Dust“. Der Kiliansbach südlich von Cappenberg hieß ursprünglich „Düsterbach“. In Herbern-Nordick und in Wessel gibt es die „Düsterbecke“ und den „Düsberg“. Beide enthalten „Dust“.
Aber auch die Bedeutung von „Kammer“ ist nicht leicht zu finden. Die Gasse könnte schon in alter Zeit mit Steinen befestigt gewesen sein, und deshalb, vielleicht sogar etwas ironisch, als Camminus bezeichnet worden sein, was eigentlich „steinerne Römerstraße“ bedeutet. Ein mittelalterlicher Pfarrer oder studierter Standesherr könnte hier seine Lateinkenntnisse vorgeführt haben, und nach und nach wurde aus dem „dusten Kamminus“ eine „düstere Kammer“. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass das Wort „Kamm“ mit angeklungen ist, denn nach dem Grimmschen Wörterbuch kann es auch „aufgeworfener Erdwall“ bedeuten. Vielleicht musste man die Gasse immer wieder mit Sand, Erde und Steinen ausbessern, so dass im Laufe der Zeit ein Damm entstand. Vielleicht!
(siehe auch unter Straßen)

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Sandstraße

Die Sandstraße in Ascheberg verbindet die Nordkirchener Straße mit der Biete und teilte früher das Dorf in Zwei Hälften. Das ist wegen der großen neuen Wohngebiete heute nicht mehr der Fall. Früher standen an ihrem nördlichen Ende das St.-Lambertus-Hospital und am westlichen Ende das St.-Katharinen-Stift. Ziemlich genau in der Mitte, auf dem schon im Werdener Urbar um 890 als Ascasberg bezeichneten Hügel steht die Pfarrkirche St. Lambertus.
Nicht nur die Sandstraße verband früher die genannten Endpunkte, sondern auch ein Bach, der vom Katharinen-Stift aus quer über das Gelände des heutigen Friedhofs und durch Rohlmanns Weide zur Lüdinghauser Straße floss, dieser bis zur Sandstraße folgte und weiter - hier aber verrohrt - den Melkpatt begleitete und dann wieder offen in den Emmerbach mündete. Vor einigen Jahren war von ihm zwischen der Adamsgasse und der Lüdinghauser Strasse noch ein offenes Stück zu sehen, das aber inzwischen auch verrohrt ist. Eine kleine Holzbrücke, die heute funktionslos ist, erinnert noch an ihn. Als in den 1960er Jahren der Friedhof seine heutige Größe erhielt, bekam auch der Bach ein weiteres Bett. An der Eschenbachstrasse entlang verlief er breit ausgebaggert nach Norden zum Vennkamp und in einem großen Bogen ebenfalls zum Emmerbach. Es gibt also zurzeit zwei Dorfbäche, die beide nur wenig „zu tun haben“, denn die immer weiter ausgedehnte Kanalisation nimmt ihnen viel Wasser weg.
Düstere KammerUm 1900
Aber beide Bachläufe entsprechen nicht dem ursprünglichen Bach, der von der Nordkirchener Strasse aus geradeaus durch die Sandstrasse floss, von Seitenwegen begleitet und an vielen Stellen überbrückt war. Wo heute das Florian-Pumpentürmchen steht, berührte er die Gräfte des Kirchenbezirks und etwas weiter die des Hofes Schulze Frenking. Dann floss er geradeaus weiter zum Emmerbach. Der Name des Baches ist nicht bekannt, auch seine Quelle nicht. Sie müsste nach dem Urmesstischblatt von 1841 in der Nähe des Hofes Greive in der Hegemerbauerschaft gelegen haben. Aber das ist nicht mehr festzustellen. Jedenfalls aber nahm er eine Reihe kleinerer Zuflüsse auf und drängte sein Wasser in die Sandstraße. Der heimatkundlich sehr interessierte Pfarrer Jodokus Fechtrup, von 1933 bis 1954 in Ascheberg tätig, wusste, dass der Bach im Dorf manchmal „recht ungemütlich“ werden konnte, wenn er über seine Ufer trat.
Nur einem Zufall ist es zu verdanken, dass eine tagebuchartige Notiz des Kaufmanns Bernhard Bose erhalten ist, in der er festhält, dass im August 1822 die „Sandstrasse“ ein neues Bachbett westlich um das damalige Dorf herum bekommen habe und das alte zugeschüttet werde. Er nennt den Bach „Sandstrasse“, weil er für dessen plattdeutschen Namen „Sandstraot“ (plattdeutsch Straot, mit offenem o wie in Wort= Strasse) keine andere Übersetzung kannte und weil der Bach ja auch wirklich von einer Strasse begleitet wurde.
Hier muss gesagt werden, dass neben dem plattdeutschen Wort „Straot“ = Strasse noch ein zweites, sehr ähnliches plattdeutsches Wort existiert: „Struot“, das Gurgel, Kehle, Halsloch bedeutet (engl. throat = Schlund, Hals). Nur dem geübten Plattdeutschsprecher wird es gelingen, den kaum hörbaren Unterschied der Laute richtig wiederzugeben.
Die Sandstrasse war ursprünglich eine Sandstruot, ein Sandschlund, ein Sandhals, eine Sandröhre, durch die unentwegt Wasser strömte, weil sie ein Bach war. Die Seitenwege fügten die Anwohner selbst hinzu. Vielleicht haben sie diese Wege schon immer Straot/Strasse genannt und eines Tages keinen Unterschied mehr zwischen Struot und Straot gemacht. Warum auch – sie waren schließlich keine Sprachwissenschaftler!
Der Bachname „Sandstruot“ scheint damals gar nicht so selten gewesen zu sein. So gab es nach dem Urmesstischblatt zum Beispiel südlich von Lüdinghausen auch einen „Sandstrutenbach“, der mit dem Beverbach identisch war. An der Selmer Strasse, wo der Bach renaturiert ist, ist das Gelände sehr sandig. So ist es auch in der Ascheberger Sandstrasse, wenigstens in ihrem nördlichen Teil. Ihr Name lässt sich also mit „sandiger Durchlass, Sandhals, Sandröhre“ und natürlich „Sandbach“ übersetzen.
„Sand“ ist aber auch ein indogermanisches Wasserwort, enthalten in Sandebeck, Senden, Sentrup, Sinderstedt, Sondern und Sundern und in dem Verb sintern, wo es auffällig auf Wasser hinweist.
Der Sandbach in Ascheberg verschwand 1822 nicht nur aus dem Ortsbild, sondern auch aus der Erinnerung. Rund 60 Jahre später haben Julius Schwieters und Adolph Tibus anscheinend keine Ascheberger mehr gefunden, die ihnen aufgrund eigener Erinnerung oder von Erzählungen der Großeltern von dem Sandbach berichteten. Sonst hätten die beiden verdienstvollen Historiker ihn sicher erwähnt. Allerdings wissen wir nicht sicher, ob sie persönlich in Ascheberg geforscht haben.
Der in den vielen Jahrhunderten der Ascheberger Ortskirchengeschichte das Dorfbild beherrschende Sandbach wurde und wird auch heute noch kaum einmal erwähnt, während der Emmerbach, der für die Entwicklung der Dorfbauerschaft von nur geringer Bedeutung war, allenfalls als Mitverursacher der häufigen Sandbachüberschwemmungen, immer wieder genannt wird.
In vielen Gemeinden ist die Kirche in der Nähe eines Baches erbaut worden: in Senden am Dümmer, in Drensteinfurt an der Werse, in Amelsbüren am Emmerbach, in Lüdinghausen an der Stever. In Ascheberg stand sie am Sandbach.
(siehe auch unter Straßen)

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